exclusiv golfen — 15. Juli 2013 at 17:01

Interview: Golfplatzarchitekt Rainer Preißmann über den Platz Castelfalfi in der Toskana

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interviewDer 27-Loch-Golfplatz des Toscana Resort Castelfalfi genießt schon jetzt den Ruf der schönste der Toskana und aufgrund der Eigenheiten seines Verlaufs auch der anspruchvollste Platz Italiens zu sein. Dank moderner Wasserspeicher und Aufbereitungsanlagen leuchten die Fairways selbst im trockensten Sommer in satten Grüntönen. Seitliches und frontales Wasser sind eine schöne Herausforderung für Spieler aller Übungsstufen. Doch es ist vor allen Dingen der Blick, der hier fesselt: Vorne das imposante Castello, im Süden das Hochplateau Volterras und in den Abendstunden Sonnenuntergänge, die die Landschaft in das für die Toskana typische Licht tauchen. 

Für die Neugestaltung des Platzes zeichnet Landschafts- und Golfplatzarchitekt Rainer Preißmann, Präsident des European Institute of Golf Course Architects, zusammen mit seinem Kollegen Wilfried Moroder verantwortlich. Der 18-Loch Mountain Course erhielt im „Golf Inc. Renovation of the Year Competition 2011“ des Golf Inc. Magazines den dritten Preis in der Kategorie „Redesign eines privaten Golfplatzes mit einer Investitionssumme über einer Million Euro“.

Herr Preißmann, welche Herausforderungen sahen Sie in der Sanierung des Platzes?
Wir hatten den klaren Auftrag, den Mountain Course als etwas Besonderes zu gestalten, als den „Flagship Course“, der als attraktiver Golfplatz die Golfspieler einlädt, sich immer wieder mit Spaß an dem Platz messen zu wollen. Dazu kam der Ehrgeiz, die Vielfalt der Landschaft, zu der auch die Zypressenalleen und –reihen als Relikt der römischen Landvermessung zählen, so in die Golfanlage zu integrieren, dass der Eindruck entstand, es handelt sich um eine gewachsene Kulturlandschaft, in der zufällig auch ein paar Golfbahnen zum Spiel einladen.

Können Sie den Zustand und die Anlage des Platzes vor der Sanierung beschreiben?
Kollege Mancinelli, der 20 Jahre vor uns tätig war, hatte einen für seine Zeit veritablen Golfcourse geschaffen, der uns in Teilbereichen eine hervorragende Ausgangsbasis für die Kreation eindrucksvoller Golfbahnen hinterlassen hat. Leider war der Vorbesitzer nicht in der Lage, den ursprünglichen Qualitätszustand zu erhalten, so dass wir 2006 einen Golfplatz in einem pflegetechnisch vernachlässigten Zustand mit einem maroden Bewässerungssystem angetroffen haben.

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Was waren Ihre wichtigsten baulichen Veränderungen?
Wir hatten den Anspruch, unsere eigene Designsprache durchgängig nach Fertigstellung wieder zu finden und wollten keinen Gestaltungsbruch riskieren. Daher musste das gesamte Gelände, also auch die Bereiche, wo wir uns auf ehemaligen Spielbahnen bewegt haben, komplett überarbeitet werden. Erschwerend kam dabei hinzu, dass wir kein Grundwasser für die Beregnung nutzen durften und bei allen gestalterischen Überlegungen das Thema Oberflächenwasserführung und Wasserbevorratung einen hohen Stellenwert einnahm. Dieses führte dann zu einer Vielzahl an Gewässern auf beiden Golfplätzen.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Golfplatz aus? Welches sind Ihrer Meinung nach die drei wichtigsten Aspekte einer gelungenen Golfplatzarchitektur?
Aus unserer Sicht sind das eindeutig zwei Aspekte. Erstens: Passt der Golfplatz in die Landschaft? Und zweitens: Bringt der Golfplatz möglichst Vielen einen messbaren Mehrwert? Und der sieht sicherlich aus der Sicht eines Betreibers anders aus, als aus Sicht des Golfers oder der Kommune.
Wenn es um den Bau eines Golfplatzes geht, erfordert es eine präzise Analyse der örtlichen Gegebenheiten zusammen mit einer detailgetreuen Planung. Verwirklicht werden muss der Golfplatz in Zusammenarbeit mit einem erfahrenen und vertrauenswürdigen Bauunternehmen.

Wenn Sie auf das Design eines Golfplatzes Bezug nehmen, ist der wichtigste Aspekt ein Filetstück, wie beispielsweise Castelfalfi, zu bekommen. Jeder Golfplatzarchitekt muss einen Zugang zur bestehenden Landschaft finden und sie in ihren Eigenheiten mit all seinen Sinnen verstehen. Darüber hinaus ist es gut einen Kunden zu haben, der unsere außergewöhnlichen Wege der Golfplatzgestaltung mitgeht.

Gibt es einen aktuellen Trend im Golfplatzbau? Wurde vor zehn bis 20 Jahren noch anders gebaut?
Während unsere ersten Plätze – meist dem ökonomisch machbaren geschuldet – eher dem Minimaldesign mit nur geringen Veränderungen an der Landschaft zuzurechnen waren, hat es zeitgleich in den USA und den Ländern, wo der Golfplatz eher als Vehikel zum Verkauf der Immobilien dienen musste, viel aufwändiger gebaute Plätze gegeben. Mit dem Zusammenbruch der Immobilienwirtschaft hat es selbst in den Staaten eine Rückbesinnung zum ökonomisch und mittlerweile auch ökologisch vertretbaren gegeben und es wird wieder mit viel mehr Augenmaß geplant und gebaut. In Europa geht der Trend ganz eindeutig zu Projekten, bei denen wie in Castelfalfi das Thema Nachhaltigkeit bei der Projektentwicklung, dem Planungs- und Bauprozess und im Betrieb nicht mehr weg zu denken ist.

Was ist Ihre Lieblingsbahn bzw. Ihr liebster Abschlag auf dem Mountain Course und warum?
Meine Lieblingsbahn auf dem Mountain Course ist ohne jeden Zweifel die Bahn 9, die als Par 3 177 Meter „downhill“ auf ein fast 50 Meter tiefer liegendes Grün gespielt werden muss. Entscheidend ist für mich dabei nicht, dass es sich um ein besonders strategisches Loch handelt. Es ist schon beeindruckend, wenn man auf dem Back Tee steht und den grandiosen Ausblick auf die Golflandschaft darunter und dem Borgo mit dem Burgfried gegenüber genießen darf.

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